Das Wasserglas zum Kaffee
06.03.2023 20:56:00
von Alexander Drastil
Das Wasserglas zum Kaffee
Esther Drastil
01.11.2021
Was ist deine Motivation immer wieder neue Projekte zu entwickeln und durchzuführen?
Antwort: Es ist eine Verknüpfung mehrerer Faktoren. Ich bin ein vielseitig interessierter Mensch und gehe sehr aufmerksam mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Ich vermag es nicht in der für so viele Menschen wohlwollenden Komfortzone zu verharren. Auch habe ich kein Verlangen mich auf etwas auszuruhen – ich brauche Bewegung in meinem Leben. Es gibt einfach enorm vieles und interessantes, dass lediglich darauf wartet, angepackt zu werden. Schlussendlich ist es auch das ehrliche Feedback von Menschen – zumeist von denen die mein fertiges Produkt konsumieren – die mich motivieren neue Ideen auf eigene Rechnung und ohne Fangnetz umzusetzen. Ich brauche ganz einfach diese Herausforderung.
Wie schafft man es vom Verhandeln einer Liegenschaft über die Abwicklung der Finanzierung, Konzepterstellung, Umsetzung und Inbetriebnahme eines Projektes alles selbst und eigenständig unter einen Hut zu bekommen?
Antwort: Ich möchte erwähnen, dass ich es allein im vollen Umfang nicht schaffen würde. Ohne der Unterstützung meiner Frau und Zusammenarbeit mit treuen Netzwerkpartnern wäre es nicht möglich. Ich kann dem nichts abgewinnen lediglich eine Idee auf den Tisch zu legen und anderen die Arbeit zu überlassen und gegebenenfalls von hinten hervor „gescheit reden“. Auch bin ich der Meinung, dass ein Projekt nur dann qualitativ und authentisch umgesetzt werden kann, wenn ich auch die volle Verantwortung auf allen Ebenen habe. Ich bin kein „Beckenrandschwimmer“ und liebe es mich weiterzuentwickeln, in dem ich stets neue Wege gehe. Das macht mein Leben ungemein interessant und spannend.
Wie ist das Vorhaben Platzhirsch entstanden bzw. was waren die ersten Schritte?
Antwort: Ich hatte an einem schönen Herbsttag einfach das Verlangen durch die Stadt Kufstein zu spazieren, um kurz mal abzuschalten. Unter anderem ist mir dann ein altes Stadthaus am unteren Stadtplatz aufgefallen, welches leer, teils verwahrlost und ohne gebührende Verwendung dastand. Sprich, das mit dem „Abschalten“ hat dann nicht so ganz funktioniert – im Gegenteil, ich hatte rasch eine Idee und überlegte mir wie ich an den Besitzer rankam und die Dinge nahmen seinen Lauf.
Warum „Hotel mit Wiener Kaffeehaus“ im ehemals Goldener Hirsch?
Antwort: Weil es zu der Liegenschaft, dem Ort, der Stadt und den Menschen in Kufstein passt – vorausgesetzt der Qualität des Produktes, was es im gesamten natürlich haben wird. Man sollte nur Visionen und Ideen umsetzen, mit welchen man sich auch zu 100% identifizieren kann und welche man aus Leidenschaft lebt und nicht „nur“ als Geschäftsmodell betrachtet. Da ich stets alle meine Projekte selbst umsetze und betreibe, suche ich mir auch stets Tätigkeitsfelder aus, die auch mein Leben geprägt haben oder noch prägen werden. Ich bin in Wien geboren und aufgewachsen und ich verbrachte schon zu Jugendzeiten meine Pausen zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht in altehrwürdigen Wiener Kaffeehäusern. Noch heute ist für mich im Zuge jeden Wienbesuches der Weg ins Kaffeehaus oder Beisl ein Muss.
Was bedeutet der Platzhirsch für Kufstein deiner Meinung nach?
Antwort: Ein ungenütztes, leerstehendes Haus in bester Altstadtlage weniger (lacht). Nein, Spaß bei Seite. Ich bin der Meinung, dass wir gemeinsam – in erster Linie die Firma Bodner mit Thomas Bodner und seinem Team, das Architektenteam und meine Wenigkeit – ein Qualitätsprodukt schaffen, welches genau in dieser Stadt und an diesen Ort passt. Es wird eine Zielgruppe ansprechen, welche Kufstein für eine weitere positive und ebenfalls qualitativ gute Entwicklung benötigt. Wir möchten mit unserem Konzept auch die Stadtpolitik und die Wirtschaftstreibenden in Kufstein dazu animieren, ebenfalls weiterhin oder/und zukünftig in den Standort Kufstein zu investieren und dessen Potenzial mit Anspruch auf Qualität und abseits des Billigtourismus zu fördern.
Warum ist es dir wichtig den Platzhirsch als Familienunternehmen zu führen?
Antwort: Wir verkaufen im Tourismus schlussendlich alle Emotionen, wenn auch der eine oder andere Touristiker scheinbar anderer Meinung ist oder sich dem noch immer nicht bewusst ist. Österreich, insbesondere Tirol hat viele wertvolle Pioniere im Tourismus, die als Leitbetriebe und insbesondere als Familienbetrieb sehr authentisch und erfolgreich sind und unsere Tourismuslandschaft nachhaltig prägen. Wenn ich als Familie nicht hinter und vor meinem Produkt stehe, dann läuft grundsätzlich was falsch. Meine Familie und ich möchten Wärme und Geborgenheit transportieren, eine ehrliche und aufrichtige Dienstleistung mit der wir auch unserer nächsten Generation als Vorbild dienen und Werte unserer Kultur mit auf den Weg geben. Meine Frau und ich arbeiten und leben seit 25 Jahren täglich 24 Stunden zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich ohne meine Familie privat und geschäftlich auskommen sollte (lacht).
Was begeistert dich am meisten an der Hotellerie/Gastronomie?
Antwort: Sehr einfach und nur mit zwei Wörter zu beantworten: „das Dienen“. Es ist unglaublich befriedigend und motivierend, wenn sich ein Mensch für dein Produkt interessiert, dieses gezielt konsumiert und zufrieden das Haus verlässt. Auch ist der Kontakt mit unterschiedlichsten Kulturen, Menschen aus vielen Ländern der Welt ungemein spannend. Kein Tag gleicht dem anderen. Es gilt stets und täglich andere Herausforderungen zu meistern. Der Tourismus ist eine große Spielwiese auf welcher man sich sowohl im Sprint als auch im Dauerlauf auspowern und mit Kreativität und neuen Ideen sehr gut verwirklichen kann.
Aus welchen Fehlern hast du gelernt bzw. würdest du zukünftig etwas Bestimmtes anders angehen?
Antwort: Klingt komisch und überheblich, aber allzu viele Fehler habe ich bis dato nicht gemacht (lacht). Ich handle in vielerlei Hinsichten sehr intuitiv und auf Basis von Erfahrungswerten. In vielerlei Situationen macht es meiner Meinung nach mehr Sinn mit einer Kombination aus Hausverstand, Erfahrungswerten und Wissen zu entscheiden. Natürlich habe und mache auch ich Fehler, die ich aber vielleicht nicht als solche wahrnehme und in den meisten Fällen froh bin sie gemacht zu haben – zumindest einmal -, sonst könnte ich mich nicht weiterentwickeln und verbessern.
Was hältst du von Social Media in Bezug auf Marketing?
Antwort: Der Homo Sapiens hat ja nur deshalb überlebt, weil er gelernt hat sich auszutauschen und zu vernetzen. Noch heute ist das in unserem Leben der Schlüssel zu einem ausgeglichenen und erfüllten Leben. Beruflich wäre ohne Kommunikation und Austausch an einen Fortschritt kaum zu denken. Der Grundgedanke von Facebook und Co. war grundsätzlich ein guter. Ein Teil unserer Gesellschaft, insbesondere die Konzerne und Betreiber, haben diese Medien jedoch zweckentfremdet und „benutzen“ diese für bedenkliche Zwecke. Natürlich kann es speziell im Tourismus Sinn machen Social Media Kampagnen in seinem Marketingkonzept zu berücksichtigen und umzusetzen. Es hängt jedoch stark davon ab welches Produkt ich vertrete, welche Zielgruppe ich ansprechen möchte und ob ich als ausführende Person affin für dieses gewählte Instrument bin. Mir persönlich fehlt der Zugang zu diesen Medien und die Affinität über diese Plattformen mein Produkt glaubwürdig und nicht „gekünstelt“ zu präsentieren.
Was macht einen guten Unternehmer aus?
Antwort: Schwierige Frage, ähnlich wie: Was macht einen guten Menschen aus? Ich darf von mir behaupten, dass ich ein Unternehmer aus Leidenschaft bin. Für mich ist ein Unternehmer der, der auch auf eigene Rechnung und persönlichem Risiko etwas „unternimmt“ und dafür Verantwortung trägt. Derjenige, der es aus Leidenschaft und mit ehrlichen Absichten tag täglich tut, der wird am Ende des Tages auch als Unternehmer zufrieden und erfolgreich sein. Die Unternehmer, die lediglich dem Ruf des Geldes folgen, denen kann ich nur empfehlen sich in einer ruhigen Minute zu hinterfragen.
Was bedeutet für dich Erfolg?
Antwort: Erfolg bedeutet für mich, dass jemand etwas lange Zeit davor ganz gut gemacht haben muss und dafür belohnt wird. Auch ich (und meine Familie) habe sehr viel in meinen/unseren Erfolg investiert, der sich darin widerspiegelt, dass ich jeden Tag selbst entscheiden kann, was ich wann machen möchte. Für mich ist erfolgreich zu sein, handeln zu können, so wie ich es mir vorstelle. Entscheidungen zu treffen, für diese ich verantwortlich bin und mit welchen ich mich vollumfänglich identifizieren kann. Meine Zukunft und mein Leben selbst zu bestimmen, das ist für mich der tägliche Erfolg!
Derzeit gibt es einen großen Mangel an Fachkräften vor allem in der Hotellerie und Gastronomie. Wie kann man dem entgegenwirken?
Antwort: Ich denke, dass es keinen Mangel an Fachkräften im Tourismus - insbesondere in der Gastronomie und Hotellerie - in der Form gibt, so wie es in den Medien und der Branche dargestellt wird. Es gibt einfach zu viele 0815-Produkte in unserer Branche, für welche gut ausgebildete Fachkräfte oder Menschen mit einem gewissen Anspruch an einen Arbeitsplatz keine Lust mehr haben tätig zu werden. Eigentümergeführte Betriebe mit authentischen Konzepten, vernünftigen und wertschätzenden Rahmenbedingungen haben auch ihr Stammpersonal. Jeder einzelne Hotelier und Gastronom möge sich mal selbst hinterfragen, ob er in seinem Betrieb, für sein Produkt zu seinen angebotenen Konditionen als Angestellter arbeiten würde. Man sollte zum Beispiel dahingehend entgegenwirken, in dem man Menschen die Möglichkeit an Aufgaben bietet ein Produkt mitzugestalten und täglich auf Augenhöhe gemeinsam ein Arbeitsumfeld schafft, welches nicht als solches wahrgenommen wird. Im Allgemeinen hat in unserer Gesellschaft „Arbeit“ ein falsches Image – das macht die Sache noch etwas schwieriger. Wenn im Radio schon am Mittwoch die Halbzeit der Arbeitswoche eingeläutet wird und vom Wochenende die Rede ist, dann läuft doch was falsch, oder?
Preisdumping im Tourismus. Wohin führt das?
Antwort: Wir sehen die Auswirkungen schon seit einigen Jahren, speziell in Tirol. Es führt zu einem qualitativ niedrigen Einheitsbrei an touristischen Produkten, welche der Markt grundsätzlich nicht benötigt. Genau diese Betriebe versuchen lediglich sich über den Preis zu vermarkten, haben Probleme ihre Betten und Tische zu belegen, Personal zu finden und geschweige denn, den Betrieb an die nächste Generation weiterzugeben. Wir müssen weg vom Massentourismus und hin zum Qualitätstourismus. Der Konsument ist stets bereit für Qualität einen angemessenen Preis zu bezahlen. Günstig muss nicht immer „schmuddelig“ und teuer muss nicht immer „bombastisch“ sein. Wir sollten vielleicht auch dafür Sorge tragen und Rahmenbedingungen schaffen, dass für angehender Hoteliers oder Gastronomen wirtschaftliches Denken und Handeln Voraussetzung sein sollte und Grundlage, um einen Betrieb eröffnen zu dürfen.
Inwiefern hat sich das Verhalten der Gäste während/nach Covid 19 verändert?
Antwort: Nun ja, wir stecken ja noch bzw. wieder mittendrin in dieser Pandemie. Ich habe in den letzten Monaten wahrgenommen, dass die Menschen mit weit „weniger“ mehr zufriedener sind als vor der Krise mit weit „mehr“. Auch der Umgang miteinander scheint mir bewusster, interessierter und aufrichtiger geworden zu sein. Wahrgenommen habe ich auch, dass die ältere Generation mit diesen herausfordernden Zeiten besser umgeht als die noch etwas jüngere Generation, die meiner Meinung nach nur ungern auf den gewohnten Wohlstand verzichten möchte.
Wie wichtig ist es für dich strukturiert zu arbeiten?
Antwort: Ich würde meinen, dass strukturiertes Arbeiten eine federführende Rolle in meinem täglichen Tun und Handeln darstellt. Egal was ich mache, es benötigt immer eine strukturierte Vorgehensweise, welche mir auf meinem Weg sehr viele „unnötige“ Hürden nehmen zu müssen erspart. Es müssen und dürfen nicht alle Arbeitsschritte im Vorfeld bis ins Detail geplant sein, ansonsten blockiere ich mich selbst und ersticke von Beginn an meine Kreativität und meinen Gestaltungsspielraum. Nur sollte man zu Beginn wissen, was von „A“ bis „Z“ umzusetzen, einzuhalten und abzuarbeiten ist, um mit erhobenem Haupte am Ziel anzukommen. Es ist nichts ermüdender und demotivierender als von vorne bis hinten zu „wurschteln“ – das macht auf Dauer keinen Spaß und nervt auch die Partner und Mitarbeiter.
Was sind die USP´s beim Platzhirsch?
Antwort: Jeder einzelne Protagonist meines zukünftigen Teams! Die Menschen, die das Produkt tagtäglich gestalten und repräsentieren, die Dienstleisten und den Gästen das Gefühl von Wärme und Geborgenheit vermitteln sind die wichtigste Säule im Platzhirsch und unser USP an sich. Als einen unserer USP´s sehe ich auch uns als Familienbetrieb mit Wirtsleuten an der Front und der nächsten Generation, die im Hintergrund schon fleißig mitmischt. Das einzigartige und liebevoll sanierte historische Gebäude in bester Kufsteiner Innenstadtlage ist natürlich ebenfalls zu erwähnen, sowie das Wiener Kaffeehaus mit seinem traditionellen Angebot.
Bitte ergänze folgende Stichworte mit einem Wort oder kurzem Satz:
Mitarbeiter: Der wichtigste Bestandteil im Unternehmen
Familie: Macht wirklich Sinn
Kufstein: Liebe auf den ersten Blick
Wiener Küche: Nicht nur Wiener Schnitzel
Fußball: Leider zum Geschäftsmodell verkommen
Freizeit: Habe ich immer und überall
Schokolade: Gut, überlasse ich aber lieber meiner Frau
Diesel oder e-Auto: Noch beides, am liebsten gar keines und dafür mein Rad
Gästebewertungen: Motivierend, nicht immer fair und manchmal verwunderlich
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