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01.02.2023

von Alexander Drastil

„Mottenkugel oder Kronjuwelen“

 Alexander Drastil

Alexander Drastil

01.02.2023

Sofern es meine Zeit im Zuge eines Wienbesuches zulässt, ist für mich der Besuch eines Würstelstandes Pflicht. Nicht zuletzt deshalb, weil diese urtypischen, traditionellen Wiener „Nahversorgerinstitution“ nur noch selten das Stadtbild von Wien säumen und es nur wenig Urgesteine davon noch gibt.

Gestern war es wieder einmal an der Zeit, sich in der Wiener Innenstadt ein Menü und ein äußerst informatives Gespräch mit Herrn Rene am Würstelstand zu widmen. Ich dachte, dass ich als geborener Wiener alles über die Würstelstand-Bestell-Etikette weiß, jedoch hat mich Herr Rene auf sehr amüsante Art und Weiße eines Besseren belehrt.

Die Wurst ist nur ein Teil des Würstelstandes und der Dialog zwischen Würstelmann (in dem Fall Herr Rene) und Würstelstandbesucher (meine Wenigkeit) der andere, in dem es tiefsinnig um „Würzung und Beilagen“ geht. Die Fragen von Würstelmann nach der Bestellung des Würstelstandbesuchers sind simpel: Siaß oda schoaf? Gemeint ist Senf. „Brod oda Semme“. Brot ist immer dunkel und wird als „Kitt“ (wegen seiner Plastizität) und „Kantn“ (wegen der Rinde) gehandelt oder als „Scherzerl“ und „Bugl“, wenn es den Brotanschitt betrifft. Curry und Mayo gelten trotz Sympathie zu Berlin der Wiener als verpönt. Ketchup heißt „Bluad“ und hat keinen viel besseren Ruf. Dafür gibt es den sauren Reichtum an Eingelegten zu entdecken: „Russen“ (marinierte Heringe), „Mottenkugel oder Kronjuwelen“ (Perlzwiebel). Pfefferoni sind in den Varianten „ölich und schoaf“ zu bekommen. Pfefferoni nennt man wegen ihrer länglichen Form als „grüne Mamba“ und letztere wegen ihrer Zweitwirkung als „Oschpfeiferl“. Salzgurken bestellt man, in Anspielung auf ihre Haut, als „Grogodü“. Kleinere Gurkerln heißen „Adagsl“.

Getränke werden am Würstelstand nur in geschlossenen Gebinden abgegeben. Wein gibt es in kleinen Fläschchen „Stifterl“ genannt. Cola firmiert als „Kinder-Fernet“, für Margenbitter-Konsumenten stehen „Ampulen“ mit Unterberg und Jägermeister zu Verfügung. Dosenbier heißt „Aluweckerl“ oder „Blech“. Herr Rene wird sich allerdings nicht allzu sehr gegen die Bestellung einer simplen „Dosen Bia“ oder einer „Hü´sn“ wehren. Flaschenbier heißt „Lutscha“, den Gläser gibt es am Würstelstand keine.

In dem Fall, Prost lieber Herr Rene und vielen Dank für die amüsanten und authentischen 30 Minuten bei Ihnen am Würstelstand.

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